Yannik Pontz, Universität Duisburg-Essen
Der Nachwuchsmangel an Schiffsführungspersonal in der Binnenschifffahrt führt aktuell zu sehr großen Bestrebungen, Binnenschiffe in hohem Maße zu automatisieren. Derzeit laufen einige Forschungsprojekte, in denen Automatisierungslösungen für Binnenschiffe entwickelt und sowohl simulativ als auch praktisch erprobt werden. Für die Aktivitäten des Entwicklungszentrums für Schiffstechnik und Transportsysteme und der Universität Duisburg-Essen fehlt allerdings derzeit noch ein Schiffssystem, welches eine niederschwellige und kostengünstige Testmöglichkeit für Automatisierungslösungen bietet.
In dieser Masterarbeit wurde der Entwurf eines ca. 15 m langen Wasserfahrzeugs mit einer Verdrängung von ca. 9 t erstellt, welches als Testplattform für autonome Fahrversuche dienen soll. Dabei soll das Fahrzeug mit Hilfe von alternativen Antriebssystemen lokal klimaneutral verkehren. Der Entwurf enthält dabei die Hauptabmessungen, Rumpfform, Aufbauten, Ausrüstung, Einrichtung, den Generalplan, die Gewichtsrechnung und die Hydrostatik. Der Versuchsträger soll modular gestaltet werden. Nautisches Equipment, soll so eingeplant werden, dass ein Austausch oder eine Anpassung jederzeit und kostengünstig möglich ist. Dieselbe Möglichkeit soll auch für die Antriebssysteme und Energiespeicher gegeben werden.
Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen Katamaran, bei dem der erste Entwurf zunächst anhand von Vergleichsschiffen, einem Anforderungskatalog und Literaturrecherchen erstellt wurde. Anschließend wurde eine Optimierung des Rumpfes durch numerische Untersuchungen hinsichtlich des Leistungsbedarfs angefertigt. Hierfür wurde die Rumpfgeometrie in einer geeigneten Software parametrisiert, sodass Rumpfform und Hauptabmessungen in Abstimmung zueinander flexibel angepasst werden können. Innerhalb einer Optimierungsschleife wurden so bis zu 500 Designs erstellt und durch eine Kombination mit einem Strömungslöser der Widerstand der verschiedenen Schiffdesigns ermittelt. Durch die Optimierung konnte der Widerstand und demnach die Schleppleistung in der vorgegebenen Geschwindigkeitsspanne des Schiffes um bis zu 29 % reduziert werden. Für den optimierten Rumpf wurde anschließend der Antriebsstrang und die Energieversorgung ausgelegt. Das Schiff wird mit zwei Festpropellern betrieben, welche direkt über zwei Elektromotoren angetrieben werden. Die Energieversorgung wird durch eine Kombination aus Batterien, Brennstoffzelle und Photovoltaikanlage aufgestellt. Durch die Reduzierung des Leistungsbedarfs konnte Antrieb und Energieversorgung so ausgelegt werden, dass das Schiff problemlos den ganzen Tag verkehren kann. Die Batterien werden dabei in den Rümpfen platziert und dienen durch die modulare Gestaltung zusätzlich als Trimmsystem.
Der Aspekt der Automatisierung wurde durch die Auswahl, Dimensionierung und Platzierung verschiedener Systeme, wie Kameras, LiDAR, Ultraschallsensoren und Übertragungstechnik, angegangen. Die Sensorik wurde so ausgelegt, dass im Nah- bis Fernbereich die Umgebung rund um das Schiff lückenlos erfasst werden kann. Die Übertragungssensorik wurde zudem so platziert, dass keine Interferenzen zwischen einzelnen Systemen auftreten. Alle Systeme können im Rahmen der Modularität bei Bedarf umplatziert werden und weisen Redundanzen auf.
In einer ausführlichen Gewichtsrechnung wurde die anfängliche Abschätzung der Verdrängung überprüft. Dafür wurden sowohl sämtliche Ausrüstungsgegenstände aufgeführt als auch das Strukturgewicht des Rumpfes aus faserverstärkten Kunststoff berechnet. Außerdem wurden Ladefälle für die verschiedenen Anwendungsfälle des Schiffes aufgestellt. Mit der detaillierten Gewichtsrechnung konnte eine zweite Iterationsschleife für den Leistungsbedarf angelegt werden.
Schlussendlich wurde noch die Stabilität des Schiffes überprüft. Das Fahrzeug erfüllt hierbei alle Vorgaben geltender Vorschriften und weist ein sehr stabiles Verhalten auf.
Abschließend lässt sich sagen, dass dieser Entwurf einen Grundbaustein für weitere Vorgehensweisen in der Zukunft bietet. Daten dieser Arbeit sind in das Ausschreibungsverfahren für den Bau des Fahrzeugs eingeflossen.